Multichannel auf dem Land? Diese Chancen bergen sich in der Digitalisierung

NETWORK: Liebe Jana-Lisa, du hast neben deinem Studium viele Erfahrungen im Ausland gesammelt. Welche Stationen waren dort besonders wichtig für dich?

Jana-Lisa: Die schönste Zeit hatte ich definitiv in Italien. Dort habe ich mein Fashion Management Program absolviert, was einem Master im Fashionbereich entspricht. Das war für mich die perfekte Schnittstelle zwischen meinem betriebswirtschaftlichen Studium und meiner Leidenschaft zur Mode. Sehr geprägt hat mich aber auch die Zeit in Indien. Dort habe ich in einer Produktionsfirma einen sehr intensiven Einblick in die Herstellung unserer Mode bekommen. Die Bedingungen in diesem Unternehmen waren fair, ich durfte alles filmen und habe mehrere Kontrollen miterlebt. Ich lernte bei meinem Indienaufenthalt aber auch andere Unternehmen kennen, unter anderem Druckereien, bei denen mir die Produktionsbedingungen sehr nahe gegangen sind und zum Nachdenken angeregt haben.

NETWORK: Dein Schwerpunkt bei Manhenke liegt im Einkauf. Wie nimmst du von Korbach aus neue Trends wahr?

Jana-Lisa: Tatsächlich kommt heute sehr viel Input über Fashionblogger bei Instagram, sogenannte Influencer. Im Wesentlichen gibt es für neue Trends aber drei Kanäle: Zum einen die Influencer, über die ich zum Beispiel sehr schnell auf die Levis T-Shirts oder die Calvin Klein Unterwäsche gestoßen bin, die plötzlich überall herausblitzte. Zum anderen setzen Designer viele Trends und das meist weit im Voraus. Gucci zeigte bereits auf den letzten Shows vieles mit Embroideries. Aber erst jetzt setzt sich diese Mode langsam in den Geschäften durch. Über diese beiden Kanäle spielt sich am meisten ab. Aber es gibt noch einen dritten, der nicht zu unterschätzen ist: Trends entstehen auch auf der Straße, wie die zerrissene Hosen. Oft haben diese Art von Trends politische oder kulturelle Hintergründe, die von Designern und Influencern aufgegriffen werden.

NETWORK: Erst vor ein paar Tagen hast du die Fashion Week in Berlin besucht. Inwiefern profitierst du von diesen Besuchen?

Jana-Lisa: Die Fashion Week liefert viele Informationen, um Modetrends und neue Marken aufzuspüren. Aber auch neue Strömungen bezüglich Vermarktung von Mode und die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung unserer Branche, wie zum Beispiel aktuell die Oak Mirror Kabine, werden in Berlin auf der Messe thematisiert und vorgestellt. Eins ist klar: Ich darf die aktuellen Trends nicht verschlafen, denn sie kommen auch hier auf dem Land sofort an.

NETWORK: Wo siehst du Manhenke angesichts der Digitalisierung in fünf Jahren?

Jana-Lisa: Unser Ziel ist es, sich als Multichannel-Unternehmen gut aufzustellen. Das Kerngeschäft bleibt dabei das Stationäre. Ich sehe das Curated Shopping als neuen Vertriebskanal, also eine Kombination aus Online- und Offline-Handel. Das heißt für uns, dass wir diese beiden Schnittstellen bestmöglich zu vernetzen. Auf allen Kanälen wollen wir unsere Kunden begeistern und kompetent beraten. Durch digitalen Service kann der Nachteil des stationären Handels gegenüber dem Onlinehandel, über den fast immer alles verfügbar ist, heute schon sehr gut ausgeglichen werden. Ist ein Artikel nicht mehr vorrätig, können wir durch Zugriff digitaler Medien auf die Bestände der Lieferanten zugreifen und für die Lieferung der Ware sorgen. Dies geschieht innerhalb weniger Stunden in unsere Geschäftsstelle oder auf Wunsch sogar zum Kunden nach Hause.

NETWORK: Ein Schritt in diese Richtung ist auch die Stylebox. Woher kam die Idee?

Jana-Lisa: Wir haben viele begeisterte Kunden, die Kurgäste oder Touristen sind und oft nur selten vor Ort sein können. Die Stylebox bietet uns die Möglichkeit, diese Kunden ebenso wie Studenten, die sich in ihrer Studienstadt von uns beraten lassen wollen, weiterhin zu betreuen. Unsere Berater klären am Telefon detailliert, für welchen Anlass das Outfit gedacht ist und stellen dann im gewünschten Preisrahmen die Stylebox zusammen. Dabei wahren wir uns den Spielraum, unseren Kunden neue Impulse zu geben. Das verrückte ist, dass die Stylebox etwa zeitgleich mit Outfittery und Modomoto auf den Markt kam. Unsere Stylebox ist jedoch für Mann und Frau gedacht.

NETWORK: Stand für dich immer fest, dass du in Korbach bleibst, um das Unternehmen deiner Eltern zu übernehmen?

Jana-Lisa: Das hat sich während meiner Studienzeit herauskristallisiert. Ich bin ein großer Fan unserer Region und begeistert von unserer wunderschönen Landschaft mit ihrem großen Angebot an Sportmöglichkeiten. Wichtig ist mir vor allem das Bewusstsein, den Landkreis zu unterstützen. Für mich bedeutet das, mein Bestes für unser Unternehmen und damit auch für unsere Stadt zu geben. Dass meine Eltern mir dabei so viel Freiraum lassen, ist für mich nicht selbstverständlich und ich bin sehr dankbar, dass wir uns gemeinsam am Puls der Zeit weiterentwickeln. Ich fühle mich hier sehr wohl und bin mit meiner Entscheidung, das Unternehmen weiterzuführen, absolut zufrieden.

NETWORK: Vielen Dank für den spannenden Einblick in deine Arbeit! (ev) 

Jana-Lisa Ueberson hat der Veröffentlichung dieses Interviews zugestimmt und sämtliche Rechte daran an die NETWORK waldeck|frankenberg GbR abgetreten. Eine anderweitige Verbreitung oder Verwendung obiger Inhalte ist nur nach schriftlicher Genehmigung gestattet.

Zur Person: 

Jana-Lisa Ueberson absolvierte ihr Abitur 2005 an der Alten Landesschule in Korbach. Nach ihrem abgeschlossenen Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Uni Münster absolvierte sie das Fashion Managemend Program in Mailand. In ihren Praktika unter anderem in Hildesheim, Neu-Delhi und Miami lernte sie die gesamte Produktionskette kennen. Seit 2011 arbeitet sie im elterlichen Unternehmen, dem Modehaus Manhenke in Korbach und Bad Wildungen.

www.manhenke.de