Barcamp: Jan Vogel erklärt, wie das Format Fußball 2000 entstanden ist.

Jan Vogel, wann gehen Videos viral?

Neben Rezo und Co. bemühen sich auch Fernsehsender darum, junges Publikum auf Youtube zu erreichen. Der Hessische Rundfunk hat dafür den Video-Podcast „Fußball 2000“ ins Leben gerufen. Social Media-Redakteur Jan Vogel ist der konzeptionelle Kopf hinter dem Format. Im Interview erzählt der 38-jährige aus Bad Arolsen, was Webvideos erfolgreich macht.

 

Lieber Jan, du bist freiberuflicher Online-Redakteur beim Hessischen Rundfunk, was genau machst du da?

Das ist immer unterschiedlich und richtet sich nach der Nachrichtenlage. Durch Corona und andere Großlagen habe ich vergangenes Jahr viel in der aktuellen Berichterstattung gearbeitet. Ich produziere zum Beispiel Erklärvideos, schneide zugeliefertes Material zu Social Media-konformen Videos, baue Infotafeln, twittere live oder erstelle Grafiken.

Ich bin aber auch für die Entwicklung neuer, digitaler Video-Formate zuständig. Den Video-Podcast Fußball 2000 habe ich zum Beispiel mitentwickelt. Ein Format, das ich seit 2018 mit drei Kollegen für den HR umsetze. Momentan fließt rund die Hälfte meiner Arbeitszeit darein.

 

Welche Aufgabe hast du dabei?

Ich mache alles, was hinter der Kamera abläuft. Beim Dreh gebe ich Regieanweisungen und habe die Zeit im Auge. Ich schneide Folgen und bereite alles plattformgerecht für Youtube auf: ich designe Thumbnails, schreibe Texte und Überschriften und achte darauf, dass alles suchmaschinenoptimiert ist. Ich koordiniere viel im Hintergrund und bin verantwortlich dafür das Format strategisch weiterzuentwickeln.

 

 

Bei Fußball 2000 sitzen meist vier deiner Kollegen vor der Kamera und sprechen über ihren Lieblingsverein Eintracht Frankfurt – philosophieren, analysieren und reißen derbe Witze. Das schauen sich doch nur junge, männliche Fans an, oder?  

Ja, genau, wir haben eine sehr spitze Zielgruppe, aber da eben auch eine sensationelle Reichweite, die nicht größer sein könnte. Das Thema Fußball hat – egal ob im Print, Fernsehen oder Online – eine große Reichweite. Wir haben uns eine Nische gesucht: Die Eintracht. Ein Verein mit einer vergleichsweise großen Anhängerschaft. Das Interesse ist also da, es ist nur die Frage, wie man es plattform- und zielgruppengerecht bedient. Gespräche mit ehemaligen Spielern über den UEFA-Cup 1978 interessieren unsere Zielgruppe nicht.

Stattdessen haben wir den gutlaufenden, privaten Fußballpodcast von zwei meiner Kollegen auf ein visuelles Level gehoben. Wir haben eine Show mit Gags draus gemacht und gleichzeitig die bestehende Community des alten Podcasts genutzt, das nennt man Multiplikatoren-Effekte.

 

Spitze Zielgruppe, starkes Thema, gute Protagonisten – ist das das Erfolgsrezept für ein erfolgreiches Videoformat im Netz?

Nein, ein Erfolgsrezept gibt nicht. An der Uni Mainz und intern für den HR gebe ich Workshops zu Webvideos und erkläre, worauf man achten sollte. Aber am Ende kommt die Auflösung, dass auch genau das Gegenteil funktionieren kann.

 

Bei Fußball 2000 hat es funktioniert: Die meisten der Youtube-Videos haben etwa 30.000 Aufrufe, manche 70.000.

Unter unserer allerersten Folge hat jemand kommentiert: „Endlich normale Leute“. Bis heute ist das unser Lieblingskommentar, weil es genau auf das Format passt. Wir gehen ins Stadion wie alle Fans, sind aber auch Journalisten und haben Ahnung davon. Wir sprechen über die Eintracht, wie das alle Fans machen – einfach vier normale Leute, ganz ungestellt. Es kommt rüber, dass wir machen, was wir witzig finden und worauf wir Bock haben. Das ist mal eine Carpool-Karaoke, mal eine Auswärtsfahrt oder ein Gespräch mit coolen Gästen.

 

 

Fußball 2000 entsteht gerade meist im Homeoffice. Das liegt für dich seit einem Jahr wieder in der Waldeck-Frankenberger Heimat, richtig?

Genau, nach 16 Jahren im Rhein-Main-Gebiet bin ich mit Frau und Kind im Oktober 2019 nach Bad Arolsen gezogen. Die Eltern meiner Frau wohnen in Twiste, meine in Arolsen und Vasbeck. Die Großeltern können so ihren Enkel ständig sehen, das ist für alle schön und natürlich auch praktisch.

 

War die Rückkehr also immer euer Plan?

Nein, gar nicht. 2003 wollte ich dringend weg aus der Heimat. Ich bin zum Studium nach Mainz gegangen, hab dann in Frankfurt gewohnt und gearbeitet. Das fand ich in meinen Zwanzigern auch immer super. Doch vor ein paar Jahren standen meine Frau und ich dann vor der Frage, wo wir mit Kindern hinziehen wollen. Wir wollten kein neues soziales Netz an einem fremden Ort aufbauen, deswegen waren Frankfurt oder eben zurück in die Heimat unsere Optionen.

Ich wollte beim Hessischen Rundfunk bleiben, weil ich hier meine vielen Interessen kreativ umsetzen kann, ohne an ein Medium gebunden zu sein: von linearer TV-Sendung über Podcast bis zum Insta-Format ist beim HR theoretisch alles möglich. Wegen einer Umstrukturierung wurde dann die digitale Weiterentwicklung des HRs im Studio Kassel forciert – perfekt für mich. So war ich vor dem Corona-Homeoffice meist einen Tag pro Woche in Frankfurt, zwei in Kassel und habe zweit Tage von zuhause aus gearbeitet.

 

Dann weiterhin viel Erfolg im „Heimat-Office“!

Jan Vogel

Zur Person

JAN VOGEL  

Jahrgang 1982

Ich arbeite aktuell beim Hessischen Rundfunk

Ich habe in Mainz Amerikanistik und Germanistik studiert

Mein Zuhause ist immer dort, wo ich Freunde und Familie habe

Mein Lieblingsort in Waldeck-Frankenberg ist die Chaotenwiese am Twistesee