Braucht mein Startup Berlin für den großen Erfolg?

NETWORK: Lieber André, wir freuen uns einen Waldeck-Frankenberger auf der Heureka zu treffen. Wofür steht diese Konferenz deiner Meinung nach?

André: Die Heureka ist eine sogenannte Early-Stage-Konferenz. Hier treffen sich junge Leute, die vorhaben ein Startup zu gründen oder gerade frisch gegründet haben. Vorträge und Workshops bieten den etwa 800 Besuchern hilfreiche Informationen und Tipps für ihre Gründung. Darüber hinaus treffen sie sich, um zu netzwerken und um Investoren zu finden. Das macht die Heureka für Jungunternehmer zu einem besonderen Event.

NETWORK: Welchen Vorteil bieten Konferenzen wie diese?

André: Bei Startups ndet sehr viel online statt, daher bieten solche Veranstaltungen vor allem die Möglichkeit, andere Unternehmer und Gründer kennenzulernen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, von ihnen zu lernen und Kooperationen zu schließen. Darüber hin- aus gibt es eine Pitch-Ecke, in der die Startups in fünf Minuten ihre Idee vorstellen können und die Investoren sagen ihnen, was sie davon halten. Das ist eine gute Möglichkeit, um Feedback zu bekommen. Es ist essentiell für Startups, dass sie Geldgebern den und an diese kommen sie zum Beispiel über Konferenzen wie die Heureka.

NETWORK: Welchen Unternehmergeist nimmst du in Berlin generell wahr?

André: Berlin ist ein Melting Pot von vielen kreativen Leuten, von denen jeder seine eigene, zum Teil auch ganz verrückte Agenda hat. Daher zieht es viele junge Gründer in diese Stadt. Gefühlt ist jeder zweite junge Mensch, den man hier trifft, Gründer eines Startups. Generell gibt es zwei Arten von Mindsets, die die Gründer haben: Die einen sind beseelt von einer Idee, die die Welt besser machen soll. Die zweite Gruppe von Gründern sieht Erfolge wie Google, Facebook oder hier in Deutschland Rocket Internet, und die wollen in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Millionen verdienen. Der Unternehmergeist ist mehr denn je vom Gedanken geprägt, dass alles möglich zu sein scheint: Selbst eine kleine App kann die ganze Welt verändern.

NETWORK: Muss man in Berlin wohnen, um diese Atmosphäre zu leben?

André: Um ein erfolgreiches Startup zu gründen, braucht man Berlin nicht, das geht überall in Deutschland. Bestes Beispiel dafür ist ein Unternehmen, das ich heute interviewt habe: Teamviewer sitzt in Göppingen bei Stuttgart, also auf dem Land, hat aber trotzdem mittlerweile 600 Mitarbeiter auf der ganzen Welt und ist fast eine Milliarde Euro wert. Man kann also ohne weiteres super erfolgreich auf dem Land gründen. Es gibt sogar einen Nachteil, wenn man in Berlin ist. Jeden Abend gibt es so viele Events, dass man schnell das Gefühl bekommt, man müsse überall dabei sein. Am Ende bleibt dann kaum noch Zeit, sich um das eigene Unternehmen zu kümmern. Auf dem Land kann man sich nahezu ungestört auf sein Startup konzentrieren. Außerdem war es meiner Meinung nach niemals leichter als heute, ein weltweit erfolgreiches Unternehmen auf dem Land zu gründen, weil es mittlerweile unzählige Programme dafür gibt, Zusammenarbeit auch über Städte und Ländergrenzen hinaus zu organisieren. Um den Flair zu spüren, ist es dennoch schön, immer mal wieder nach Berlin zu fahren und sich mit anderen Gründern zu vernetzen.

NETWORK: Was würdest du dann am liebsten von Berlin mit nach Waldeck-Frankenberg nehmen?

André: Fest steht, was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert. Diese Entwicklung macht vor ländlichen Regionen und deren Unternehmen nicht Halt. Den Spaß an neuen Entwicklungen würde ich daher de nitiv mitnehmen sowie das Bewusstsein, dass man auch bei uns zu Hause jederzeit an alle wichtigen Trends herankommen kann. An denen leben wir näher, als wir manchmal glauben. Das ist eine großartige Erkenntnis, die bedeutet: Glück und Erfolg nden nicht jenseits von Waldeck-Frankenberg statt. Vielmehr bietet die Digitalisierung die Möglichkeit, weltweit zur gleichen Zeit auf dieselben News, Trends und Informationen zugreifen zu können, egal, ob wir in der Stadt oder auf dem Land wohnen. Wir leben hier nicht hinter dem Mond – dessen müssen wir uns nur bewusst werden.

NETWORK: Was kann sich die Berliner Unternehmerkultur von der auf dem Land abschauen

André: Auf dem Land geht es viel mehr darum, solide sein Geld zu verdienen. Die Luftschlösser sind dabei meist deutlich weniger hoch, fallen aber auch längst nicht so schnell zusammen wie einige in Berlin. Bodenständigkeit ist defnitiv eine der Eigenschaften, die sich einige Berliner Startup-Unternehmer abgucken könnten.

NETWORK: Was spricht darüber hinaus für die Gründung auf dem Land?

André: Es gibt unheimlich viele Möglichkeiten seine Akkus aufzuladen, zum Beispiel beim Skifahren in Willingen. In Berlin setzt du dich stattdessen in eine Straßenkneipe. Diese hohe Lebensqualität ist der Grund, warum ich mich immer wieder freue nach Hause zu kommen. Wichtig ist auch, dass man auf dem Land Mitarbeiter nden kann, die über Jahre hinweg treu sind, während in Berlin viele nach wenigen Monaten in ein vermeintlich cooleres Unternehmen wechseln.

NETWORK: Vielen Dank und weiterhin viel Freude in der Berliner Startup-Szene! (ev)

André Vollbracht hat der Veröffentlichung dieses Interviews zugestimmt und sämtliche Rechte daran an die NETWORK waldeck|frankenberg GbR abgetreten. Eine anderweitige Verbreitung oder Verwendung obiger Inhalte ist nur nach schriftlicher Genehmigung gestattet.

Zur Person:

André Vollbracht, 35, ist Gründer von Venture TV, Deutschlands größtem Videokanal für Unternehmensgründer. Nach seinem Abitur in Willingen absolvierte er sein Diplom in BWL an der European Business School in Oestrich-Winkel.

www.venturetv.de