Repräsentiert als Goldmarie die Hansestadt Korbach: Lehramtsstudentin Tabea Adam. (Foto: Stefan Hahn)

Tabea Adam, wie sammelst du praktische Erfahrungen als Lehrerin?

Tabea Adam studiert im siebten Semester Lehramt. Wegen des Lockdowns wurde ihr Schulpraktikum abgesagt. Kurzfristig entschied sich die 25-Jährige dafür, sich an einer Schule in der Heimat neuen Herausforderungen zu stellen.

 

Liebe Tabea, seit März siehst du deine Profs und Kommiliton:innen nur online. Auch die Schulen waren immer wieder geschlossen. Wie sammeln angehende Lehrer:innen in solchen Zeiten praktische Erfahrungen?

Corona macht da oft einen Strich durch die Rechnung: Ich hätte ab November ein Praktikum in der Nähe von Marburg machen sollen, aber das wurde von der Schule abgesagt. Das Alternativprogramm der Uni war eine Lesepatenschaft, bei der ich zwei Schülern Einzelstunden gab. Das bringt Creditpoints, hat aber wenig mit dem Schulalltag zu tun. Deswegen war ich auch froh, als ich durch Zufall – beim Scrollen durch Facebook an einem langweiligen Freitagabend – auf eine Anzeige von Network gestoßen bin: Die Uplandschule in Willingen suchte Lehramtstudierende als Vertretungslehrer:innen (VSS-Kräfte, Anm. d. Red). Ich bewarb mich direkt per Mail und hatte eine Woche später ein Vorstellungsgespräch in der Schule. Ich war überrascht, wie viel Zeit man sich dort für mich nahm und fühlte mich direkt wohl.

 

Was genau machst du dort als VSS-Kraft?

Bis die Schule wegen Corona wieder schließen musste, habe ich flexibel einzelne Stunden von Lehrer:innen übernommen, die sonst ausgefallen wären. Meist hinterlassen die Lehrkräfte Aufgaben für mich, sodass ich die Schüler:innen nur beaufsichtigen muss.

Uplandschule WillingenWomit ich nicht gerechnet habe war, dass ich eine schwangere Kollegin für fast vier Wochen vertreten durfte. Eine fünfte und eine sechste Klasse habe ich in Englisch unterrichtet, die Stunden selbst vorbereitet und Vokabeltests schreiben lassen. Das hat richtig Spaß gemacht und war eine coole Erfahrung. Bei normalen Praktika sitzen wir Studis nur hinten in der Klasse und beobachten. Aber als ich dann vor der Klasse stand, wusste ich: Unterrichten ist das Richtige für mich.

 

Warst du nicht nervös vor der ersten Stunde?

Ja, doch, aufgeregt war ich schon, aber vor einer Schulklasse zu stehen, war für mich nicht ganz neu und man wird schnell warm mit den Schüler:innen. Sie waren sehr neugierig und haben mir auch private Fragen gestellt. Damit musste ich erstmal umgehen lernen.

Viel gelernt habe ich auch, darüber, wie ich Sachen verständlich erkläre. Oder auch wie man mit schwierigen Schüler:innen und Konflikten innerhalb der Klasse umgeht. Weil ich die beiden Klassen regelmäßig gesehen habe, ist mir auch aufgefallen, wie schnell man als Lehrer Lieblingsschüler:innen hat. Das zu unterdrücken ist eine Herausforderung, das war mir selbst als Schülerin gar nicht bewusst.

 

Du kommst aus Korbach, da hat dich der Job an der Uplandschule der Heimat wieder näher gebracht, oder?

Genau. Viele meiner Marburger Mitstudierenden wollen nicht nach Waldeck-Frankenberg, weil sie die Region nicht kennen. Für mich war es aber toll, durch den Job mehr Zeit in der Heimat zu verbringen. Hier sind meine Familie und Freunde und von Skifahren bis Badesee gibt es hier viele Möglichkeiten für die Freizeit. In Korbach kann ich alles zu Fuß oder mit dem Rad erreichen. Ich brauche keine U-Bahn vor der Tür, sondern mag es, dass hier nicht alles so anonym ist, wie in der Großstadt.

 

Spätestens seit dem Altstadt- und Kulturfest 2019 bist du in Korbach sicher nicht mehr anonym unterwegs. Du wurdest zur Goldmarie gekürt. Doch seit März hängt die goldene Schärpe im Schrank, oder?

Leider ja, die Pandemie hat mein Jahr sehr durcheinander gebracht. Der Hansetag in Brilon, das AKF, das Hansefestival im September und viele kleinere Termine standen schon fest in meinem Kalender. – Doch jetzt steht alles still. Solange es keine Feste oder Veranstaltungen gibt, gibt es für mich auch nichts zu repräsentieren.

 

Wir drücken dir die Daumen, dass bald wieder Termine als Goldmarie anstehen und wünschen viel Erfolg beim Studieren und Unterrichten!

 

 

HINTERGRUND:

Damit weniger Unterricht ausfällt, gibt es an hessischen Schulen das Konzept der „Verlässlichen Schule“ für Klassen von der Grundschule bis zur Mittelstufe. „Dieses Konzept ist der Nachfolger der „Unterrichtsgarantie Plus“ und in den letzten Jahren professioneller geworden“, erklärt Alexander Flake von der Uplandschule Willingen. Sechs VSS-Kräfte, die meisten Lehramtsstudierende, setzt die Schule zurzeit ein. Aber nicht nur die Schule profitiere von den flexiblen Aushilfslehrer:innen. „Das ist eine Win-Win-Situation, weil die Studierenden nicht nur Geld verdienen, sondern vor allem erste Praxiserfahrungen sammeln und den Schulalltag kennenlernen“, sagt Alexander Flake.

Tabea Adam

Zur Person

TABEA ADAM

Jahrgang 1995

Ich studiere Gymnasiallehramt, Fächer Deutsch und Ethik

Ich arbeite als VSS-Kraft an der Uplandschule

Mein Zuhause ist Korbach/Marburg

Meine Heimat ist Korbach

Meine Lieblingsorte in Waldeck-Frankenberg sind der Bolzcourt und die Ederseebahn-Fahrradstrecke