Über den Mehrwert von Karrierenetzwerken

NETWORK: Alex und Maikel, ihr lebt und arbeitet in London beziehungsweise in Stuttgart. Welche Verbindung habt ihr noch zu eurer Heimat Waldeck-Frankenberg?

Maikel: Wir sind gerne zuhause, weil hier unsere Familie, unsere Freunde und auch unsere Freundinnen leben. Zwar sehen wir hier im Moment noch keine konkreten beruflichen Perspektiven, würden auf lange Sicht jedoch gerne wieder zurückkommen.

NETWORK: Ihr seid, wie man sieht, beruflich schon viel herumgekommen. Welche Rolle haben Karrierenetzwerke in eurer bisherigen Berufslaufbahn gespielt?

Alex: Speziell in London habe ich schnell mit Karrierenetzwerken zu tun bekommen. Der gesamte Recruiting-Prozess für neue Projekte oder Jobangebote läuft über persönliche Kontakte und virtuelle Karriereplattformen. Innerhalb der letzten Monate habe ich über solche Netzwerke mehrere Jobangebote von großen Firmen bekommen. Besonders gefallen hat mir dabei, dass stets die Persönlichkeit des Einzelnen im Vordergrund stand. Diese kommt bei einer “normalen” schriftlichen Bewerbung nicht unbedingt so rüber wie auf meinem LinkedIn-Profil, wo ich auch Videos und Bilder über mich und meine Tätigkeit hochlade. Zudem wird sichtbar, für wen ich bereits gearbeitet habe und heute noch arbeite. Gerade LinkedIn ist damit für viele Arbeitgeber in London eine sehr interessante Möglichkeit, neue Arbeitnehmer zu finden. Wenn ich mir überlege,

dass ich innerhalb meines Studiums noch 50 Bewerbungen für ein Praktikum geschrieben habe und sich die Arbeitgeber heute initiativ über ein soziales Netzwerk bei mir melden, dann hat mein Online-Auftritt schon etwas bewirkt.

NETWORK: Maikel, hast du die gleichen Erfahrungen auch hier in Deutschland gemacht?

Maikel: Nach meiner Erfahrung ist das Netzwerken über virtuelle Plattformen wie LinkedIn in Deutschland noch nicht so ausgeprägt. Hier zählt eher der persönliche Kontakt. Diese Erfahrung konnte ich insbesondere im Rahmen meines Mentorships im Consultingbereich machen. Durch persönliche Gespräche, aber auch im Anschluss an Fachvorträge, habe ich wichtige Kontakte knüpfen können. Dazu habe ich mich im Anschluss an das Event, mit Bezug auf das Gespräch oder den Vortrag, bei den Personen gemeldet und darauf meist auch eine positive Rückmeldung bekommen.

NETWORK: Würdet ihr sagen, dass euch auch ein regionales Netzwerk helfen könnte?

Maikel: Netzwerke sind immer wichtig. Personen aus verschiedensten Fachbereichen können so einfacher zusammen finden und hilfreiche Informationen austauschen, was einen erheblichen Mehrwert für die Innovationskraft einer Region bringt. Ich persönlich habe von solchen Netzwerken immer profitiert und freue mich daher über NETWORK waldeck|frankenberg.

Alex: Dem stimme ich zu. Was mir in unserer Region fehlt, ist ein gewisses Maß an “Sichtbarkeit”. Das betrifft sowohl die Wahrnehmung des Landkreises von Außenstehenden, als auch von Leuten, die hier aufgewachsen sind. Ein Beispiel: In meinem Studium haben Dozenten öfter von einem Möbelhersteller als Best Practice Beispiel für Innovation gesprochen. Nur durch Zufall habe ich ein paar Jahre später erfahren, dass dieses Unternehmen aus unserem Landkreis kommt. Das Unternehmen ist also international hoch anerkannt für seine Produkte und im Landkreis dennoch nur wenigen bekannt. Ich denke es ist daher wichtig, dass Studenten und jungen Akademikern die Chancen im Landkreis aufgezeigt werden und somit, welches Potenzial in dieser Region steckt.

Maikel: Das sehe ich genauso! Ich war bereits für zwei Unternehmen im Landkreis freiberuflich als sog. Freelancer tätig und dabei ist mir aufgefallen, wie viel Potenzial in den lokalen Firmen steckt. Unsere Stärke sind besonders die vielen kleinen Unternehmen, die sehr flexibel sind und über gut ausgebildetes Personal verfügen. Ich halte die lokale Wirtschaft daher für besonders anpassungsfähig und innovativ. Dies hat mich persönlich erstaunt, weil viele Studienabsolventen dies eigentlich nur von den großen Unternehmen erwarten.
Vielen Unternehmen fehlt es jedoch an Transparenz und die Karrieremöglichkeiten vor Ort bleiben den meisten verborgen. An diesem Punkt sollte NETWORK waldeck|frankenberg anknüpfen und ein gewisses Selbstbewusstsein für die Wirtschaftskraft des Landkreises schaffen.

NETWORK: Wir danken euch vielmals für das Interview!

Alex Mourao dos Santos und Maikel Borges Mourao haben der Veröffentlichung dieses Interviews zugestimmt und sämtliche Rechte daran an NETWORK waldeck|frankenberg abgetreten. Eine anderweitige Verbreitung oder Verwendung obiger Inhalte ist nur nach schriftlicher Genehmigung gestattet.

Zu den Personen:

Alex und Maikel haben nach dem Abitur am beruflichen Gymnasium Korbach Industriedesign in Eindhoven (Niederlande) studiert. Alex Mourao dos Santos arbeitet inzwischen als „Innovation Consultant“ bei John Lewis in London.

Maikel Borges Mourao arbeitet als Industrie & Vehicle Designer beim Competence & Design Center for Mobility Innovation in Stuttgart/Böblingen.