Kunst bewegt – auch auf dem Hessentag 2018 in Korbach

NETWORK: Philipp, was ist Kunst für dich?

Philipp: Für mich selbst bedeutet Kunst absoluter Schaffensdrang – und das rund um die Uhr. Es geht auch um Interaktion. Mir persönlich macht das Arbeiten in künstlerischen Workshops mit unterschiedlichen Zielgruppen sehr viel Spaß. Mit Kindern zu arbeiten, ist zum Beispiel sehr interessant. Man kann so viel mit ihnen schaffen. Kinder sind richtige Macher.

NETWORK: Du warst zunächst im Berufsfeld Elektrotechnik unterwegs. Dann plötzlich der Wandel hin zur Malerei. Wie kam es dazu?

Philipp: Der Grund dafür war eigentlich recht konventionell: Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Alles begann mit Graffitisprühen – da war ich 14 Jahre alt. Nach ersten Wandprojekten habe ich dann mit 25 das Zeichnen an der Hochschule Ostwestfallen-Lippe in Detmold gelernt und mich darin in den letzten Jahren vor allem technisch enorm weiterentwickelt.

NETWORK: In welchen künstlerischen Bereichen bist du tätig?

Philipp: Malerei in allen Farben und Formen. Ich experimentiere viel mit Aquarell, arbeite aber mittlerweile auch an der Hochschule in Detmold mit Menschen und gebe Seminare – zehn Stück pro Woche.

NETWORK: Der deutsche Künstler, Schriftsteller, Musiker, Comedian und Satiriker Shahak Shapira machte im letzten Jahr durch sein Kunstprojekt „Yolocaust“ auf sich aufmerksam. Liegt in der künstlerischen Absicht der Schlüssel zum Erfolg?

Philipp: Als Künstler erbringst du immer auch einen gewissen Dienst für die Gesellschaft. Es ist nicht verkehrt, ein Konzept zu haben. Mit Kunst zum Nachdenken anzuregen oder Bilder zu schaffen, die im Kopf bleiben, finde ich aber echt schwierig. Das sind dann meistens auch Arbeiten, die sehr extrem sind und dadurch viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Meine Arbeit ist nicht gesellschaftskritisch, ich bilde eher ab, was ich sehe – und lasse dabei all meine Emotionen mit einfließen.

NETWORK: Gibt es eine Triebfeder, einen Motor für deine Arbeit?

Philipp: Wenn ich zwei Wochen nicht gemalt habe, geht es mir richtig schlecht. Ich würde auch sagen: Stress und Druck sind zwei Triebfedern. Ich brauche das auf der einen Seite. Wichtig ist mir aber auch bewusstes Abschalten. Wenn ich mich einfach draußen in der Natur niederlassen und malen kann – das ist das Allerschönste.

NETWORK: Du bist auf dem Korbacher Hessentag verantwortlich für die Konzeption des „Künstlerdorfs“. Was bedeutet dir das Engagement für deine Heimatstadt?

Philipp: Natürlich sehr viel. Korbach ist meine Basis, ich bin hier aufgewachsen. Umso mehr freut es mich, dass das „Künstlerdorf“ bislang super gut von den Leuten angenommen wird. Und dazu trägt jeder Einzelne, der in diesem Projekt involviert ist, wesentlich bei – allen voran Michael Preusse vom Kunstverein „Hansestadt Korbach“, der die Leitung der Organisation verantwortet.

NETWORK: Was genau erwartet denn die Besucher im „Künstlerdorf“?

Philipp: Kunst in allen Formen und Facetten. Wir veranstalten zum Beispiel Textil- oder Siebdruck-Workshops. Dabei stehen hauptsächlich Korbacher Motive im Mittelpunkt. Mit unserem „Haus der Raumkunst“ haben wir noch ein weiteres Highlight am Start. 17 Studierende aus Detmold haben dieses begehbare Kunstwerk auf die Beine gestellt. Von der Fadentechnik über Malerei bis hin zu abstrakten Zeichnungen oder Experimenten mit Licht – es gibt elf Räume im Haus, vollgepackt mit Kreativität. Kommt vorbei, lasst euch überraschen, guckt euch das an!

NETWORK: Wie geht es nach dem Hessentag weiter für dich?

Philipp: Ich möchte meine Arbeit an der Hochschule noch weiter ausdehnen. Für die Zukunft wünsche ich mir auch, dass Kultur als Benefit für Korbach weiter anerkannt bleibt. Wir können uns gut vorstellen, dass sowas wie das „Künstlerdorf“ übers Jahr verteilt in leicht abgewandelter Form stattfindet.

Zur Person

Philipp Hiller, Jahrgang 1985, absolvierte zunächst eine Ausbildung als Elektroniker bei der Firma Continental in Korbach und arbeitete danach für einige Zeit in seinem erlernten Beruf. Im Anschluss daran holte er die Fachhochschulreife an der Berufsschule in Korbach nach, ehe ein Studium der Innenarchitektur und Raumkunst an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Detmold folgte. Dort leitet der 33-Jährige mittlerweile auch Seminare und fördert angehende Künstlerinnen und Künstler.